Was passiert ist
Im Dezember 2024 sanken die Lieferungen von russischem Rohöl nach Indien auf etwa 1,1 Mio. Barrel pro Tag — den niedrigsten Stand seit November 2022. Das berichtet Bloomberg unter Berufung auf die Daten der Analysten von Kpler. Der Rückgang erfolgte vor dem Hintergrund verstärkter US‑Sanktionen gegen russische Energieunternehmen.
„Die Ströme russischen Rohöls nach Indien fielen im Dezember 2024 auf den niedrigsten Stand seit November 2022 — rund 1,1 Mio. Barrel pro Tag.“
— Bloomberg / Daten von Kpler
Warum das passiert ist
Der Schlüsselfaktor sind die Beschränkungen, die die USA Ende November gegen Rosneft und Lukoil verhängt haben. Die Sanktionen haben nicht nur den Zugang zu einzelnen Lieferanten eingeschränkt, sondern auch die Frachraten für Supertanker deutlich in die Höhe getrieben und den Markt gezwungen, Lieferrisiken neu zu bewerten. In der Folge ist der Urals‑Preis für Indien gesunken, doch logistische und rechtliche Hürden haben den Import erschwert.
Wie indische Unternehmen reagieren
Staatliche Raffinerien (Indian Oil Corporation, Bharat Petroleum) kaufen weiterhin russisches Öl, teilweise aufgrund von Abschlägen. Reliance — der größte private Raffineriebetreiber — hatte die Einkäufe nach den Sanktionen ausgesetzt, nahm am 24. Dezember jedoch die Importe wieder auf, indem es mit Lieferanten zusammenarbeitete, die nicht von den Beschränkungen betroffen sind. Wichtig ist: Das russische Öl wird überwiegend für den indischen Binnenmarkt verwendet, insbesondere in der riesigen Anlage von Reliance in Jamnagar.
Was das für die Märkte und für die Ukraine bedeutet
Erstens zeigt es, dass das Sanktionsinstrument nicht nur Rhetorik ist — es verändert Handelsströme und verringert die Einnahmen des russischen Energiesektors. Zweitens erzeugen Einkäufe zu Abschlägen einen zwiespältigen Effekt: kurzfristig — eine Verringerung der Einnahmen des Kremls, langfristig — das Risiko, dass Moskau neue Märkte sucht und noch größere Abschläge gewährt.
Für die Ukraine hat das eine wichtige strategische Wirkung: Die Verringerung der Ressourcenbasis Russlands erschwert die Finanzierung des Krieges. Die Wirksamkeit der Sanktionen hängt jedoch davon ab, ob die Partner dauerhaft Wege zur Umgehung der Beschränkungen schließen und die Frachtrouten kontrollieren können.
Worauf man weiter achten sollte
Analysten achten auf drei Indikatoren: die Entwicklung der Frachraten für Supertanker, die Liefermengen an andere Abnehmer (China, Türkei, einige afrikanische Häfen) und das Verhalten großer indischer Akteure. Bleibt der Trend sinkender Käufe ohne Ersatz durch andere Märkte erhalten, bedeutet das anhaltenden Druck auf russische Einnahmen.
Fazit
Die Verringerung der Einfuhren russischen Öls nach Indien ist keine eintägige Anomalie, sondern Teil einer breiteren Marktreaktion auf Sanktionen und logistische Veränderungen. Für die Ukraine bedeutet das: Sanktionsdruck kann als Instrument zur Schwächung der wirtschaftlichen Basis des Aggressors wirken, doch für nachhaltige Erfolge sind die Koordination der Partner und die Kontrolle der Umgehungswege erforderlich. Die Märkte sprechen — man sollte ihnen genau zuhören.