Vorfall im Odessaer TCK: Selbstverletzung und zwei Versionen – was bedeutet das für das Vertrauen?

In Odessa hat sich ein Mann im Gebäude des Kiewer Regionalen Territorialzentrums für Rekrutierung und soziale Unterstützung (RTsK) die Kehle und die Arme aufgeschnitten. Das Wehrkommissariat spricht von Aggression und einem Versuch, sich der Einberufung zu entziehen; der Mann hingegen von Zwang und der Beschlagnahme seiner Sachen. Wir analysieren, warum die Antwort auf diese Frage für die Sicherheit und das Vertrauen in das System wichtig ist.

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Was passiert ist

In Odessa hat sich in den Räumlichkeiten des Kiewer Bezirks-Territorialzentrums für Personalbeschaffung und soziale Unterstützung (РТЦК та СП) ein Mann Schnittverletzungen an Händen und Hals zugefügt. Nach Angaben des Militärkommissariats hatten ihn Polizisten im Rahmen einer Fahndung wegen Verstößen gegen die Regeln der militärischen Registrierung dorthin gebracht; während der routinemäßigen Verfahren habe sich der Mann angeblich äußerst aggressiv verhalten und mit einem Messer gedroht, woraufhin er sich selbst Schnittverletzungen zugefügt habe. Er wurde hospitalisiert; Rettungskräfte und die Polizei trafen am Einsatzort ein.

"Wir betonen ausdrücklich, dass seitens der Angehörigen des ТЦК та СП keinerlei körperliche Zwangsmaßnahmen oder rechtswidrige Handlungen gegen den Bürger angewandt wurden..."

— Kiewer РТЦК та СП

Die Versionen der Beteiligten

Position des РТЦК: Der Mann sei ins Militärkommissariat gebracht worden, weil er wegen Verstößen gegen die Registrierungsregeln gesucht worden sei und keine Unterlagen vorgelegt habe, die seine Untauglichkeit für den Dienst bestätigen würden. Im einheitlichen elektronischen Register "Оберіг" seien keine Einträge über einen Aufschub festgestellt worden. Das Militärkommissariat wertet die Handlung als Versuch der Selbstverstümmelung mit dem Ziel, der Einberufung zu entgehen, und berichtet, dass Rettungsdienst und Polizei zur Hilfe gerufen wurden.

Version des Mannes: In lokalen Social-Media-Gruppen kursiert ein Video, in dem er sich als Nazar Uzhvij vorstellt und behauptet, am 15. Dezember sei er angeblich auf dem Heimweg vom Training festgenommen, in ein Auto gesetzt und zum РТЦК gebracht worden. Seinen Angaben zufolge wurden ihm dort Handy und Geld abgenommen, und im Gebäude seien 20–30 Personen ohne Erklärung für rund einen Tag festgehalten worden. Im Video sagt er, er habe sich mit einem Messer verletzt, das er dort gefunden habe.

"Man hat mich auf dem Heimweg vom Training festgenommen... sie haben mir Geld und Telefon weggenommen. Ich war dort einen Tag, mir wurde nicht erklärt, warum sie mich festhalten."

— Nazar Uzhvij, im Video

Der Mann behauptet außerdem, einen Militärpass mit einer Eintragung zur Untauglichkeit aufgrund von Augenoperationen zu besitzen, ausgestellt beim Kirovohrad-Militärkommissariat. Diese Angaben sollen durch eine dienstliche Untersuchung und die Prüfung der Register bestätigt oder widerlegt werden.

Kontext und Bedeutung

Der Vorfall fällt in eine Reihe beunruhigender Ereignisse in der Stadt: Am 21. November ereignete sich in einem der Bezirks-ТЦК in Odessa eine Explosion mit Opfern, und am 4. Dezember kam es nach Angaben der NGO "Захист держави" mutmaßlich zu einem Übergriff auf einen Matrosen, an dem Mitarbeiter des Primorsky-ТЦК beteiligt gewesen sein sollen — woraufhin das Militärkommissariat eine dienstliche Untersuchung ankündigte. Solche Fälle erhöhen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit für Praktiken und Verfahren in diesen Einrichtungen.

Die Frage geht über einen einzelnen Vorfall hinaus: Es geht um Vertrauen in das System der Registrierung und Einberufung, die Transparenz der Verfahren und die Mechanismen zur Überprüfung von Beschwerden. Sollte die Version des Militärkommissariats bestätigt werden, würde das auf Fälle von Umgehung und Manipulation hindeuten; sollte sich jedoch die Darstellung des Mannes als zutreffend erweisen, würde das den Umgang mit Bürgern in den РТЦК infrage stellen.

Was als Nächstes geschehen sollte

Zentrale Schritte zur Aufklärung der Situation sind: die Überprüfung der Einträge im Register "Оберіг", Einsicht in die medizinische Dokumentation und die Polizeiprotokolle, die Analyse des Videomaterials und gegebenenfalls die Ergebnisse der dienstlichen Untersuchung. Das Militärkommissariat erklärt bereits, dass keine körperlichen Zwangsmaßnahmen angewandt worden seien und dass Maßnahmen zum Schutz des Lebens des Verletzten ergriffen wurden — diese Aussagen müssen durch Dokumente belegt werden.

Für die Öffentlichkeit und lokale Behörden ist es wichtig, dass die Untersuchung zügig und öffentlich erfolgt. Antworten auf Fragen zu Verfahrensweisen und Verantwortlichkeiten in solchen Fällen beeinflussen die Wahrnehmung des Mobilisierungssystems insgesamt.

Fazit

Wir stehen zwei widersprüchlichen Versionen gegenüber und einer Reihe von Fakten, die geprüft werden müssen: Registereinträge, medizinische Unterlagen, Videomaterial und die Ergebnisse der Ermittlungen. Die Emotionen sollten zunächst beiseitegeschoben werden — entscheidend ist die Transparenz des Prozesses. Es geht nicht nur um das, was einem einzelnen Menschen widerfahren ist, sondern darum, ob die Institutionen schnell Antworten liefern können, die das Vertrauen der Bürger wiederherstellen.

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