Wenn Sie häufig Angst, Wut oder emotionale Taubheit verspüren, haben Sie möglicherweise Ihr "Fenster der Toleranz" überschritten.
Was ist das "Fenster der Toleranz"
Es ist ein Zustand, in dem das Nervensystem in der Lage ist, angemessen mit Stress umzugehen, erklärt die Familientherapeutin Emma Shandy Enwei. Innerhalb dieses Fensters kann eine Person ausgewogen auf schwierige Situationen reagieren.
Wenn Sie überfordert sind, werden Sie "aus diesem Fenster gedrängt":
- Obere Grenze (Hypererregung) – Panik, Wut, Angst
- Untere Grenze (Hypoerregung) – emotionale Taubheit, Gefühl der "Abgeschiedenheit", Dissoziation
Die Traumatherapeutin Becca Moravek betont: Es geht nicht darum, schwierige Emotionen zu vermeiden, sondern darum, sie zu erleben, während man Ruhe und Balance bewahrt.
Warum es schwer ist, im "Fenster" zu bleiben
Krieg, Stress bei der Arbeit, hohe Anforderungen an Elternschaft und Erziehung, wo Emotionen verboten waren – all dies verengt das "Fenster der Toleranz". Zudem ist seine Größe individuell: Manche Menschen kommen leicht mit Stress zurecht, während andere durch Kleinigkeiten aus der Fassung geraten.
Eine Person mit einer ruhigen Kindheit und einem stabilen Leben hat ein breites "Fenster" – ein Stau auf der Straße wird keine Panik auslösen. Bei denen, die Kindheitstraumata erlebt haben, ist es jedoch verengt, sodass dieselbe Situation Wut oder Angst auslösen kann, erklärt Enwei.
Wie man das "Fenster der Toleranz" erweitern kann
Bereits das Bewusstsein für dieses Konzept hat einen positiven Einfluss auf das Nervensystem, behauptet Moravek. Effektive Praktiken sind:
- Meditation und achtsames Atmen
- Führen eines Tagebuchs
- Begrenzung der Handynutzung
- Spaziergänge an der frischen Luft
Der Schlüssel ist die Regelmäßigkeit. Diese Praktiken haben einen kumulativen Effekt und beruhigen das Nervensystem allmählich.
"Finden Sie etwas, mit dem Sie sich verbunden fühlen – eine kostenlose Meditation auf YouTube, Yoga, Bewegung. Diese kleinen Dinge, von denen wir wissen, aber die wir nicht anwenden, helfen wirklich", sagt die Therapeutin Carly Costello.
Moravek fügt hinzu: Heilung geschieht, wenn eine Person neue Erfahrungen macht, die helfen, schmerzhafte Erinnerungen mit Unterstützung und anderen Ergebnissen neu zu interpretieren.
Warum das wichtig ist
Traumata verengen das "Fenster", wodurch eine Person anfälliger für Traurigkeit und Wut wird. Aber die Erweiterung dieses Bereichs führt zu positiven Veränderungen.
"Indem wir länger im Gleichgewicht bleiben, haben wir gesündere Beziehungen zu uns selbst, zu anderen und zur Gemeinschaft. Wenn eine Person jedoch ständig in einem Zustand der Hypererregung ist, kann sie böse, gereizt sein und andere auf Distanz halten, ohne Nähe zuzulassen", sagt Moravek.
Es ist unmöglich, ständig im "Fenster" zu bleiben – Traurigkeit und Niedergeschlagenheit sind natürlich. Aber es ist wichtig, in der Lage zu sein, ins Gleichgewicht zurückzukehren.
"Verzweifeln Sie nicht, wenn Sie das Fenster überschreiten – selbst nach der Heilung passiert das manchmal", merkt Moravek an.