Der Verband der Familienunternehmer Deutschlands hat seine Strategie gegenüber der rechtsextremen Partei AfD geändert und seine Absicht bekannt gegeben, den Dialog mit ihr zu suchen. Diese Entscheidung löste eine Welle der Kritik von Experten, Politikern und der Wirtschaft aus. Als Reaktion kündigte die Deutsche Bank den Mietvertrag mit dem Verband.
Position der Ökonomen
Viele Experten sehen keine Grundlage für eine konstruktive Diskussion mit der AfD. Matthias Dirmayer vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln ist überzeugt, dass die Umsetzung des Programms der Partei katastrophale Folgen für die gesamte Wirtschaft hätte.
Volker von Witzleben, Koordinator der Unternehmerinitiative "Diversität – das ist die Zukunft", hält Offenheit, Vielfalt und gesellschaftlichen Zusammenhalt für die Grundlage einer starken Wirtschaft. Seinen Angaben zufolge zeigen Studien: Die zentralen Positionen der AfD widersprechen einer offenen Gesellschaft und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft.
Reaktion der Politiker
Der wirtschaftspolitische Politiker der SPD, Sebastian Roloff, sagte dem Blatt Handelsblatt, dass die Partei, die als "zweifelsfrei rechtsextrem" eingestuft wird, kein normaler Gesprächspartner sein könne. Die Tatsache, dass viele Menschen aus Enttäuschung über andere Parteien die AfD wählen, sei kein Anlass für eine Normalisierung.
Argumente der Unternehmer
Die Präsidentin des Verbands der Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann, erklärte, dass das "Kontaktverbot" mit AfD-Abgeordneten im Bundestag beim letzten Parlamentarischen Abend Anfang Oktober aufgehoben worden sei. Schon im Frühjahr hatte der Verband beschlossen, den Dialog mit einzelnen Fachexperten der Partei zu beginnen.
Ihr zufolge müsse die Partei zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung herausgefordert werden. Die Zustimmung zur AfD könne schwinden, wenn deutlich werde, dass hinter den "lauten Parolen" die Politik oft "inhaltlich leer oder widersprüchlich" sei. Das lasse sich aber nur im direkten Gedankenaustausch feststellen.
Auswirkungen für Unternehmer
Im Oktober mieteten die Familienunternehmer Räumlichkeiten der Deutschen Bank für einen Parlamentarischen Abend und luden erstmals Vertreter der AfD ein. Die Bank kündigte den Mietvertrag für die nächste Veranstaltung des Verbands.
Der Geschäftsführer des Verbands, Albrecht von der Hagen, sagte der Publikation The Pioneer, dass die "Brandmauer" nichts gebracht habe. Nun suchten sie den fachlichen Austausch, um zu zeigen: Mit der wirtschaftspolitischen Linie der AfD erleide man alle einen "phänomenalen Zusammenbruch".
Position der AfD
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD im Bundestag, Bernd Baumann, sagte Journalisten in Berlin, dass die "Brandmauer" langsam beginne zu bröckeln. Es gebe immer mehr Kontakte und Zusammenschlüsse, die nach Kanälen für den Dialog suchten. Unternehmer verstünden, "wie wir gegen die Wand fahren".
Kontext
Die AfD wird von deutschen Sicherheitsbehörden als zweifelsfrei rechtsextrem eingestuft. Die meisten deutschen Parteien und Wirtschaftsverbände halten an einer "Brandmauer"-Politik fest – der Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit der extremen Rechten.